Samstag, 23. Februar 2008

Von der Ungerechtigkeit der Verteilungsgerechtigkeit

Wenn die vom BND erworbenen Datensätze wirklich 700 deutsche Steuerpflichtige beinhalten, dann dürfte es nach dem Gesetz der Wahrscheinlichkeit einen repräsentaiven Querschnittauch durch die Gesellschaft der Erfolgreichen geben und wohl sogar auch einige Politiker treffen und zwar von allen Parteien. Denn zur Bereitschaft zur Steuerhinterziehung bedarf es keiner irgendwie ideologisch determinierten Gesinnung, sondern sie folgt aus dem ureigensten Trieb des Einzelnen, sich gegen das immer mächtiger auf ihn einwirkende Kollektiv zur Wehr zu setzen. Je mehr die Freiheit beschränkt wird, umso mehr verlieren Gesetze und auch Moral an Durchsetzungskraft. Das geschieht in allen Bereichen der Freiheiten, mag es um die der Meinung, der sexuellen Selbstbestimmung, des Berufes oder allgemein der wirtschaftlichen Betätigung gehen. Bei der Begrenzung dieser Freiheiten durch das Kollektiv, also durch Gesetze, ist der Staat auch keineswegs frei. Ihn binden einmal verfassungsrechtliche Vorgaben, zum anderen aber auch tatsächliche wie die der schlichten Durchsetzbarkeit. Nicht selten greift der Staat hier zwar zu wahrhaften Regelungsmonstern, die aber in der Praxis durch die Grenze mangelnder Durchsetzbarkeit abgemildert werden. Das ist gesellschaftliche Wirklichkeit in allen Bereichen. Bei der Regelung und den Eingriffen in die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit steht der moderne Staat unter einem enormen Gestaltungsdruck, den er sich durch seine zunehmende Umverteilungsfunktion ausgesetzt hat. Wir haben heute eine Drittel-Gesellschaft, aber anders als es die Sozialfunktionäre propagieren. Ein Drittel des gesamten öffentlichen Aufkommens wird umverteilt, dieses bringt ein Drittel der wirtschaftenden Bevölkerung auf und davon lebt ein Drittel. Das mittlere Drittel ernährt sich selbst, wird aber zunehmender in seinen Einkünften ebenfalls vom Staat abhängig, indem dieser den Bürgern zuvor wegnimmt, was er ihnen dann in anderer Form wieder als staatliche Leistung präsentiert, womit sich die Politker dann zur Wiederwahl empfehlen. Dies wird von vielen Menschen nicht erkannt, weswegen sie in ihrer politischen Meinung eher der Verteilungsfraktion zuneigen. Hierauf gründen die letztlich stabilen linken Mehrheiten, die sich in Demokratien von allein einstellen. Die Vorstellung von einer sozialen Gerechtigkeit eint diese Gruppe, wobei sich diese ausschließlich an der Verteilung orientiert, nicht indessen an der Beschaffung des zu Verteilenden. Aus der Sicht der das untere Drittel ernährenden obere Drittel verkommt soziale Gerechtigkeit zur Gerechtigkeit der Räuber beim Verteilen der Beute. Diese Diskrepanz ist nun in der Steuerhinterziehungsdiskussion vollends offenbar geworden, wie der Ruf nach höheren Strafen oder einer wirkungsvolleren Ethik zeigt – etwas, was sich allein aus einer Gerechtigkeit beim Verteilung der Beute rechtfertigt, aber nicht mehr, wenn man versucht, auch eine Erhebungs-Gerechtigkeit mit einzubeziehen. Aus der Sicht der Verteilungsgerechtigkeit hört man dazu allenfalls, aber die haben doch schon genug, verdienen zu viel, können abgeben und natürlich, sie verstoßen gegen die mit unserer Mehrheit beschlossenen Steuergesetze. Das aber sind alles Argumente, die sich ausschließlich aus der Vorstellung herleiten, die anderen sind dafür da, ihnen gleiche Lebensverhältnisse zu beschaffen, was mit den altsozialistischen Vorstellungen vom gleichen Lohne für alle und alles Eigentum dem Volk letztlich synonym geht. Dem widerspricht aber unsere freiheitlich demokratische Grundordnung, die den Menschen, auch in seiner wirtschaftlichen Existenz, aus sich und seiner Würde definiert und nicht aus den Bedürfnissen der sich im Kollektiv durchsetzenden Sonderinteressen einer Gruppe, auch nicht die der Mehrheit. Das Grundgesetz gewährleistet Eigentum und die Maßgabe, dass es verpflichte, führt nicht dazu, dass es letztlich wieder zur Dispositionen der es begehrenden Anderen gestellt würde. Das Steuerrecht, eines der Hauptinstrumente auf der Erhebungsseite, kennt das Korrigenda Gerechtigkeit nicht. Die verfassungsmäßige hälftige Belastungsgrenze wird ständig überschritten, rechtsstaatliche Selbstverständlichkeiten wie Rechtsicherheit, Vertrauensschutz, Rückwirkungsverbot sind allesamt außer Kraft gesetzt. Immer wieder muss das BVerfG wegen Verletzung grundlegender Rechtsprinzipien eingreifen. Dieser Zustand andauernder und offenkundiger Immoralität ist für die davon betroffene Minderheit nur dadurch zu ertragen, dass bislang eine nur mangelhafte Durchsetzbarkeit die freiheitsvernichtende Wirkung dieses Rechtmonsters begrenzen konnte. Mit anderen Worten: ohne Steuerhinterziehung ist das Monster für die Betroffenen nicht ertragbar. Hierauf beruhen doch schließlich die verschiedenen steuerlichen Reformmodelle, die alle ganz wesentlich darauf abzielen, es den Menschen wieder zu ermöglich, steuertreu zu sein. Das ganze Geschrei, das durch die Medien hallt, über die Arroganz der Erfolg-Reichen, ist genauso verlogen wie das Steuerrecht, worauf sie sich beziehen. Gerechtigkeit kann immer nur fürs Ganze gelten, und sie mutiert augenblicklich zur Ungerechtigkeit, wenn sie sich nur auf einen Teil bezieht. Das heißt aber eine Verteilungsgerechtigkeit kann nur als Kehrseite zur Erhebungsgerechtigkeit hergestellt werden. Denn sozialen Frieden gefährden nicht die, die sich dem staatlichen Würgegriff durch Gesetzesverletzungen zu entziehen versuchen, sondern diejenigen, deren –wahltaktischen- Versprechungen zu immer größeren Umverteilungen immer maßlosere Griffe in die Taschen anderer programmieren und damit eine eine Staatsquote von über 50 % zügig anstreben. Das aber macht auf Dauer kein Einzelner mit, er wird sich immer dagegen stemmen, mag das Geschrei der auf sein Eigen Gierigen noch so laut sein. Er lässt sich nicht durch deren selbstgemachte einseitige Gerechtigkeit ausgrenzen.
Max Stirner alias Caspar

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