Montag, 28. Februar 2011

Copy and Paste, eine neue Form des wissenschaftlichen Abschreibens oder eine Dummheit?

Zu den Guttenberg-Plagiaten

Eunuchen-Diskussion
Zu der vor allem von den Linksparteien (Grünen, SPD und Linken) vorgetragenen Empörung fällt einem allein der Eunuchen-Vergleich ein, wenn die Impotenten (Gabriel, Trittin, Gysi) über die mangelnde Befriedigung der Frauen beim Geschlechtsakt klagen. Es scheint einem, dass eine Schar von Analphabeten auf den Schriftkundigen einschlägt, weil er nicht genügend seine Rechtschreibung kontrolliert habe. Nicht weniger scheinheilig die Empörung von selbst ernannten Wissenschaftlern, die noch nie anders als vom Abkupfern gelebt haben, so etwa 80 % der Wissenschaftler beziehen ihre Weisheiten aus dem Überfluss der restlichen 20 % ihrer Garde und ihre Kunst besteht allein darin, durch wohlgesetzte Formulierungen den Ideendiebstahl zu verheimlichen und ihr Dasein zu rechtfertigen. Und der Protest der Doktoren, deren Arbeiten bis auf die Ausnahme einer handverlesenen Anzahl ausschließlich von der Übernahme fremder Gedanken lebt und die nur deswegen von Wissenschaft reden, weil sie selbst ihre eigene wissenschaftlich Bedeutungslosigkeit nicht zu erkennen vermögen. Schließlich das Geplärre vom Urheberrecht, wo die meisten doch nur deswegen bislang Urhebrechtsfähiges hervorgebracht haben, weil das Urheberrechtsgesetz die Schwelle zur nicht mehr geschützten Banalität so niedrig hängt, dass nahezu jede nach Außen gedrungene (veröffentlichte) Blähung als copyright-fähig angesehen wird. Hätte Albert Einstein seine Arbeit zur Relativitätstheorie mit copy and paste ausgestaltet, hätte er zwar vielfältig das Urheberrecht von möglicherweise sehr elegant schreibenden Schwätzern verletzt, indessen würde sich dadurch dennoch die Bedeutung seiner Arbeit für die Wissenschaft und die Welt nicht verändern. Das Urheberrecht kennt keine qualitative Abgrenzung, auch der Schreibfaule, der zur Untermauerung oder Ausgestaltung seiner genialen Aussage sein Werk zusammenkopiert verletzt das Urheberrecht, wenn sein hierbei entstandenes Werk auch alles andere um Meilen überragt. Dass diejenigen, die sich intellektuell ohnehin nur im Bereich der urheberrechtsfähigen Blähungen bewegen, solche Differenzierungen nicht begreifen, ist unvermeidbar und hängt mit deren Beschränktheit zusammen.

Rechtswissenschaft
Rechtswissenschaft ist eine Wissenschaft, die ausschließlich von der Sprache
lebt. Sie soll ein System begründen, in dem Aussagen in objektiv nachvollziehbarer Weise zusammengefasst sind, die auf bestimmte Lebenssachverhalte von jedem angewandt werden können. So entsteht Rechtsicherheit, die Grundvoraussetzung für jedes Staatswesen. Die Aussagen sind in Gesetzen, Gerichtsurteilen und schriftlichen Beiträgen von Juristen (Rechtswissenschaft und -literatur)niedergelegt. Wer ein rechtswissenschaftliches Thema bearbeitet, hat die Aufgabe, seine Aussagen in die Summe der hierzu bereits bestehenden Aussagen einzufügen. Das heißt, Rechtswissenschaft besteht zu einem außerordentlichen hohen Prozentsatz daraus, aufzuweisen (zusammenzuschreiben), was andere bereits zu den behandelten Fragen gesagt und geschrieben haben. Bei einer normalen wissenschaftlichen Arbeit machen eigene Gedanken und Ausführungen hierzu kaum mehr als 10 bis 20 % aus, bei 95 % der Doktorarbeiten geht dieser Anteil naturgemäß gegen Null. Es ist uralte rechtswissenschaftliche Tradition, dass bei der Zusammenstellung der bereits vorhandenen Aussagen der eine von dem anderen abschreibt, was man etwa an Fehlzitaten (wie z.B. eine falsche Seitenzahl) nachweisen kann, die sich oft über Generationen von Ausarbeitungen fortsetzen. Man kann nur hoffen, dass die selbsternannten Plagiatsjäger jetzt nicht nur vor den Doktorarbeiten anderer prominenter Doktoren halt machen, sondern auch die Arbeiten mancher renommierter Rechtswissenschaftler (wie etwa des Bremers Professors Andreas Fischer-Lescano) unter die Lupe nehmen und zwar aus einer Zeit, in der die mittlerweile angewandte Plagiatssoftware noch nicht bekannt war. Wie gesagt, Rechtswissenschaft war schon immer zu mehr als 80 % eine bloße Abschreiberei. Wenn dann dennoch 20 % eigenständige Leistung wären, handelt es sich bereits um ein hochwissenschaftliches Werk, wovon es nicht viele gibt.

Abschreibungsmodalität
Damit beschränkt sich die Aufregung um die sogenannten Guttenbergplagiate allein darauf, w i e abgeschrieben worden ist und nicht darauf, dass abgeschrieben wurde. Der ehrliche Abschreiber sammelt endlos Fußnoten und befindet sich damit zumeist auf der sicheren Seite. Zwar gehört es zu den Kontrollpflichten der Personen, die die Doktorarbeiten prüfen (das sind auch nicht immer die Professoren, denn viele lesen allenfalls quer und lassen prüfen und geben das Ergebnis als eigenes Ergebnis aus), Stichproben bei den Fußnoten zu machen, was aber bei einer normal belegten rechtswissenschaftlichen Arbeit, bei der oft wieder jede einzelne Fußnoten aus zehn und mehr Nachweisen besteht, nur singulär möglich ist. Ist der Autor schlampig, dann vergisst oder verwechselt er noch die Fußnoten zusätzlich. Würden alle Fußnoten überprüft, dann liegt statistisch die Anzahl der Fehlzitate bei 25 %. Wie genau und urheberrechtswahrend also 80 und bis zu 99 % einer Doktorarbeit ist, ist somit keine Frage der Wissenschaftlichkeit, sondern eine Frage des Fleißes, der Genauigkeit und vielleicht auch Kleinlichkeit – alles keine besonderen wissenschaftlichen Tugenden. Die Digitalisierung und vor allem das Internet hat nun den Schreibfaulen noch die weitere Möglichkeit beschert, mit Textbausteinen, die man anderen Arbeiten entnimmt, zu arbeiten, womit man sich das unmittelbare Abschreiben zugleich ersparen und eigene zusätzliche Fehlerquellen, vor allem bei den Fußnoten, ausschließen kann. Wer hier nun wieder fleißig ist und vielleicht auch nicht unter Formulierungsschwäche leidet, macht das, was Juristen seit Generationen beim Abschreiben gemacht haben, dass er die Aussagen durchgängig so umformuliert, dass ihre Herkunft nicht mehr eindeutig zu beweisen ist. Wohlgemerkt: es geht dabei nicht darum, Neues zu schaffen, bzw. Neues vorzutäuschen, sondern es geht dabei ausschließlich um die Wiedergabe vorhandener Aussagen. Es ist nun in der Tat erstaunlich, dass Guttenberg hier so wenig Fleiß an den Tag gelegt hat und lässt gar an seiner Eignung als Politiker zweifeln. Denn Politik ist zu einem hohen Anteil gerade die große Kunst, fremde Gedanken als eigene erscheinen zu lassen. Hieraus erklärt sich auch das unverhältnismäßig große Geschrei mancher Politiker und ebenso vieler Journalisten, sie wissen alle ganz genau, worüber sie sich öffentlich empören, denn sie verdienen selbst ihr tägliches Brot damit.

Resümee
Ich, Max Stirner alias Caspar, glaube nicht, dass ein Politiker zurücktreten muss, weil er sich beim Abschreiben der falschen oder auch nur ungünstigen Modalität bedient hat, jedoch sollte er zurücktreten, wenn sich hierdurch erweist, dass er doch nicht die Begabung darstellt, die alle von ihm erwarten. Und copy and paste gilt noch als eine ziemlich dümmliche Form des Abschreibens. Das mag sich infolge des Internets künftig ändern, denn man wird nicht umhin kommen, die Anforderungen an urheberrechtsfähige Werke erhöhen, um das zu schützen, was hier wirklich gemeint ist, nämlich die geistige Leistung. Dazu gehört aber nicht jede x-beliebige Formulierung. Vielleicht wird es ganz normal werden, mit Textbausteinen zu arbeiten, wenn in ihrer Kombination und eigenhändigen Ergänzung eine ausreichende eigene wissenschaftliche Leistung liegt. An der wissenschaftlichen Leistung selbst würde das nichts ändern, allein an der Modalität des Abschreibens.

Der Spiegel ist die bessere BILD-Zeitung

Eine erstaunliche Selbstanalyse

Heute habe ich eine glänzende Recherche zur Arbeitsweise der Bildzeitung im Spiegel gelesen, der jeder, wenn er nur eine eigene Erfahrung damit besitzt, uneingeschränkt zustimmen muss. Was indessen verwundert, ist die Offenheit der (vielen beteiligten) Spiegelredakteure, wie sie damit umgehen, denn zugleich schildern sie nichts anderes als ihre eigene Arbeitsweise. Dies zu erkennen bedarf es recht wenig, man verschiebe das politische Umfeld der Berichterstattung nur ein wenig von rechts nach links, das Interesse am körperlichen Hedonismus (wie Sex und sinnliche Unterhaltung) zu einem am Sozialhedonismus (Wirtschaft und Gewerbe mit dem Ziel, immer mehr an Mittel den einen wegzunehmen, um sie zur Bedürfnisbefriedigung anderen leistungsfrei zuzuweisen) und hebt dabei den Abstraktionsgrad der behandelten Themen ein wenig an (weniger Tatsachen und mehr Ideen von ihnen), schon findet man sich inmitten der Spiegelredaktion, mit ihren notorischen linken, nationalen, sozialistischen, familien- und frauenfeindlichen aber homofreundlichen Erklärungsmustern. Selbstredend gilt dem Spiegel kein Geheimnis von Menschen aus dem Bereich ihrer wirtschaftlichen Betätigung, kein Betriebsgeheimnis und kein Ehrbegriff eines Unternehmens als Tabu oder auch nur durch irgendwelche Regeln geschützt, das er aber frei von jeder Selbstkritik im Hinblick auf Aktivitäten im sexuellen und sonstigen und nichtwirtschaftlichen Bereich einfordert. Verzichtet man indessen auf eine solche fragwürdige Unterscheidung, so schwindet der angebliche Unterschied in der journalistischen Arbeitsweise vollends dahin. Allein der Abstraktionsgrad trennt einander und da schmiert (von Geschmiere) der Spiegel noch besser. Aber jeder, der es noch nicht weiß, lese –nach vorstehender Anweisung- noch einmal den Spiegelartikel zur Bild, dann findet er eine erstaunliche Selbstanalyse, empfiehlt Max Stirner alias Caspar.