Montag, 26. Januar 2009

Heute ginge Robin Hood nach Liechtenstein

Jagdfrevel war früher, nicht anders als heute Steuerhinterziehung, ein Majestätsdelikt, eine Art Kapitalverbrechen, weil es sich gegen den Souverän richtete, der alles Wild als das Seinige beanspruchte, mochte der Bauer mit seinen vielen Kindern noch so großen Hunger leiden und allein die Fallen, die er im fürstlichen Revier heimlich stellte, ihnen ein Überleben ermöglichen. Der Jagdfrevel richtete sich jedoch gegen den Souverän und Souveräne vergelten seit je den Verstoß gegen die von ihnen zum Schutz ihrer eigenen Begierden errichteten Regeln mit härtesten Strafen. Heute ist das Volk der Souverän und es regiert durch Gesetze, die es mit seiner Mehrheit beschließt, in Steuer- und Abgabensachen kaum durch übergeordnete wirksame Maßregeln begrenzt. Der Versuch des Bundesverfassungsgerichts, mittels eines zu schaffenden Verfassungssteuerrechts den gierigen Zugriff des Souveräns auf die die Steuern aufbringende Minderheit (20 % zahlen 80 % der Einkommensteuer) zu begrenzen, ließen die nachfolgenden Richter dieses Gerichts längst wieder scheitern, auch sie, nicht anders als der Souverän, leben von diesem Zugriff und seiner Maßlosigkeit nicht schlecht. Eine Steuererhebungsgerechtigkeit ist als Begriff nicht bekannt, ums so mehr die Verteilungsgerechtigkeit, also die Gerechtigkeit beim Verteilen der zuvor gewonnenen Beute, wenn auch begrifflich Gerechtigkeit nur für alle gelten kann, also nicht weniger bei der Erhebung der Abgaben. Hier aber steht rechtstaatlich schon lange alles auf dem Kopf, der Souverän hat wohl darauf geachtet, dass ihn rechtsstaatliche Bindungen nicht behindern, selbst das Strafrecht nicht, wie Steinbrücks Deal mit Datendieben zeigt und wovon jetzt, wo der Souverän die fette Beute einzufahren beginnt, überhaupt nicht mehr gesprochen wird. Zuvor hat der Rechtstaat im Steuerrecht schon alle Viere lange weit von sich gestreckt. Das Steuerrecht spottet allen rechtstaatlichen Anforderungen an Gesetz und Wortlaut, was zwar auch regelmäßig noch vom BVerfG gerügt wird, aber halbherzig und ohne jede Konsequenz. Die Verbote von Rückwirkung, Willkür, Doppelstrafen, die Gebote der Bestimmtheit und Verhältnismäßigkeit haben allesamt im Steuerrecht ihre Wirksamkeit verloren. Die Finanzgerichtsbarkeit entwickelte sich zur Selbstjustiz des Steuerstaats, von einem BVerfG nicht nur toleriert, sondern sogar noch angestachelt, wenn dieses alle Anforderungen an Rechtstaatlichkeit vor den Bedürfnissen der Steuerverwaltung und ihrer Gerichtsbarkeit enden lässt. Dass es sich bei der angeblichen Finanzgerichtsbarkeit nur um eine Farce des Steuerstaates handelt, räumt das Oberhaupt der Finanzverwaltung auch regelmäßig ein, wenn es verkünden lässt, welche Urteile als Recht und welche als Laune des Bundesfinanzhofs gelten sollen. Auch das derzeit vielgerühmte Urteil des BVerfGs zur Pendlerpauschale stellt keine Ausnahme dar. Hier hatte es die Finanzverwaltung nur all zu toll getrieben und sich noch nicht einmal um eine wenigstens schlüssige Begründung bemüht. Nur daran ist die Aufhebung der Pauschale gescheitert, nicht an der Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer, die Steuern von ihren Kosten zu zahlen verpflichtet wurden, die sie allein aufwenden müssen, um überhaupt arbeiten zu können. Das BVerfG hat keinen Zweifel daran gelassen, dass mit einer nachgeschobenen Begründung der Fehler für die Zukunft behoben werden könnte, allein die Dreistigkeit, mit der sich die Regierung selbst über Mindestanforderungen zur Begründung ihrer Eingriffe hinweggesetzt hat, hatte ihr die ansonsten vom BVerfG gewährte Vergünstigung einer Nachholfrist verdorben. Mit einem das Steuerrecht bindenden Verfassungsrecht hatte die Entscheidung wenig zu tun. Die Vorstellungen des Souveräns zur Befriedigung der selbstgeschaffenen Verteilungsgerechtigkeit werden immer totalitärer, man höre doch bitte Herrn Steinbrück nur einmal zu. Bei einem solchen Souverän, meint Max Stirner alias Caspar, ist es dem modernen Robin Hood nicht zu verdenken, wenn er gar nach Liechtenstein geht.